Immer wieder Nahkampf

Ein Träger der Nahkampfspange in Gold erinnert sich

 

Die Nahkampfspange in Gold wurde im Laufe des Zweiten Weltkrieges zur höchsten infanteristischen Auszeichnung. Zum Zeitpunkt ihrer Stiftung Ende 1942 war dies noch nicht erkennbar. Doch im Frühjahr 1944 vollzog sich ein Wandel in der Wertigkeit, verbunden mit höchsten Begünstigungen für ihre Inhaber.

Bedingung für die Verleihung der Nahkampfspange in Gold war das Erreichen von 50 bestätigten Nahkampftagen. Ein Träger dieser Auszeichnung ist Franz Schmid. Als Feldwebel und Zugführer im Panzerpionierbataillon 27 der 17. Panzerdivision wurde ihm am 7. Februar 1944 die NKiG verliehen. Am 27. August 1944 gehörte er zu den ersten 14 Soldaten, denen die Nahkampfspange in Gold im Führerhauptquartier von Adolf Hitler persönlich überreicht wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte Franz Schmid bereits 74 bestätigte Nahkampftage.

In diesem Buch erinnert er sich an seine Einsätze als MG-Schütze, Gruppen- und Zugführer während des Rußlandfeldzuges bis Ende 1944. Neben der Nahkampfspange in Gold wurde Franz Schmid u.a. mit beiden Klassen des Eisernen Kreuzes, dem Deutschen Kreuz in Gold und dem Verwundetenabzeichen in Gold ausgezeichnet.

Parallel zu den persönlichen Erinnerungen wird in diesem Buch auch ausführlich die Geschichte der Nahkampfspange in Gold behandelt.

ISBN 978-3-00-032618-9

4. überarbeitete Auflage

377 Seiten, 150 bisher unveröffentlichte Fotos und Abbildungen, Hardcover, gebunden

29,90 Euro zzgl. Verpackung und Versand.

 

Auszug aus dem Inhalt

„ ...

Es sollte ein vom Russen vor einigen Tagen eroberter Schützengraben aufgerollt werden. Von der Berghöhe aus, um die unser Graben verlief, konnte man den Feind und seine Truppenbewegungen bis weit in das Hinterland beobachten. Die Stellungen verliefen ungefähr hufeisenförmig um den Berg. Dieser Berg war etwa 300 m weiter vorgeschoben als die Grabenstellungen links und rechts davon. Durch einen Verbindungsgraben waren die Stellungen durchgehend verbunden. Und genau bis zu diesem Verbindungsgraben hatte der Russe unsere Stellungen erobern können. Das hätte dem Russen ja vielleicht schon gereicht, denn jetzt konnten wir ihnen nicht mehr ohne weiteres in die Suppe spucken. Aber den „unseren“ paßte das nicht, darum sollten wir die Höhe wieder zurückerobern.

Beim Morgengrauen des 28. September 1942 traten wir Pioniere zum Gegenstoß an. Der Russe hatte den Graben, soweit er ihn erobert hatte, zugeschüttet, so daß wir das Hindernis erst übersteigen mußten, und er uns besser abschießen konnte. Aber diesen Gefallen taten wir ihm nicht. Wir sprengten mit ein paar Tellerminen den zugeschütteten Teil frei. Danach ging es mit Handgranaten und Flammenwerfern los. Meter um Meter mußte erkämpft werden. Gleich auf den ersten Schritten hatten wir schon einen Schwerverwundeten. Er war auf eine Mine getreten, und sein Bein war bis zum Knie zersplittert. Es war der Gefreite Wimmer. Wir banden ihm das Bein ab und brachten ihn anschließend sofort zurück. Der Nächste mußte an seine Stelle treten, obwohl er wußte, daß ihm beim folgenden Schritt ein ähnliches Schicksal ereilen konnte.

Wir kamen nur ein Stück voran, dann verhärtete sich der Widerstand so, daß unsere Ausfälle unvertretbar wurden. Zwei Ausfälle durch Verlust der Beine und mehrere Verwundete durch Handgranatensplitter. Der Angriff wurde eingestellt, das Grabenstück wieder zugeschüttet und vermint. Es konnte ja durchaus sein, daß der Feind auch frontal einen Gegenstoß machen würde. Daher hieß es sofort: „Vorbereiten für die Nacht!“ Denn daß der Russe bei Nacht angreifen würde, das war so sicher wie das Amen in der Kirche.

Jeder mußte mal seine Notdurft verrichten, so auch ich. Da ungefähr 20 Meter neben unserem Graben eine verlassene russische Granatwerferstellung lag, spurtete ich rüber und erledigte mein Geschäft. Nebenbei beobachtete ich, daß ein paar Kisten russischer Handgranaten in der Stellung lagen. Diese sollten mir noch gute Dienste leisten. Es waren etwa 60 bis 80 Handgranaten und geballte Ladungen.

Ungefähr um Mitternacht setzte russisches Artilleriefeuer und das Feuer von Granatwerfern und Stalinorgeln ein. Jetzt wußten wir, daß der Russe in der nächsten halben Stunde mit seinen Massen von Soldaten angreifen würde. Er kam nicht nur im Graben, sondern versuchte auch frontal über das ganze Gelände uns zu überrennen. Durch den Geländegewinn, den ich mit meiner Gruppe bei Tage erreicht hatte, waren wir am weitesten rechts vorne und hatten nun die Hauptlast dieses Angriffes zu tragen. Hinter mir lag die 7. Gruppe, die nach links sicherte, und somit den Russen von der Flanke bekämpfen konnte. Vermutlich wollte der Iwan die weit hinter uns liegende Auffangstellung überrennen.

Im Scheine der Leuchtpatronen konnten wir den Haufen Russen erkennen, die etwa 20 bis 30 Meter vor unseren Stellungen lagen, und die wir gerade mit Handgranaten und geballten Ladungen niederhalten konnten. Als langsam unsere Handgranaten knapp wurden, fielen mir die russischen Handgranaten ein, die ich tagsüber in der Granatwerferstellung gesehen hatte. Kurz entschlossen rannte ich rüber und holte die erste Kiste. Den Inhalt verteilte ich sofort an die Gruppe. Danach rannte ich noch drei Mal, bis alle Handgranaten herbeigeholt waren. Das Ende sah dann so aus, daß sich der Russe wegen der schweren Verluste bei uns zurückzog und die ganze Nacht nicht mehr angriff. Daß der Russe nicht mehr angriff, war auch unser Vorteil. Denn der I. und der II. Zug hielten dem Angriffsdruck nicht stand, so daß sie bis zum nahe liegenden Dorf Miljawoje ausgewichen waren. Dabei hatte es beim Zurückgehen in dieses Dorf den Oberfeldwebel Heckl, den Zugführer des II. Zuges, durch einen Schuß in den Rücken tödlich erwischt.

Wir wußten die gesamte Nacht hindurch nicht, daß wir mit etwa zwölf Mann Gesamtstärke „mutterseelenallein“ in der Stellung lagen und diese auch gehalten hatten. Beim Morgengrauen setzte auf einmal die eigene Artillerie auf unsere Stellungen ein, so daß wir uns im Graben flach hinlegen mußten. Jetzt aber schnell weiße Leuchtkugeln geschossen, das Zeichen für „hier sind wir“ oder „eigene Truppe“. Mein Kompaniechef, Oberleutnant Ebner, der nach seiner Verwundung inzwischen wieder bei uns war, kam mit der Kompanie angerückt und wollte die Stellungen wiedererobern. Er staunte nicht schlecht, als er die zwölf Mann hier alleine antraf, die die Stellung die ganze Nacht gehalten hatten. Vermißt wurden wir wohl bei der Kompanie, aber man glaubte, daß wir tot oder gefangen wären. Es folgte eine Belobigung vom Chef, die Belohnung kam hinterher.

Der Kompaniechef wollte auch unsere Stellungen abgehen und besichtigen. Er ging im Graben nach vorne bis zum Obergefreiten Rose. Dieser wollte ihm zeigen, wo sich der Russe verschanzt hatte. Es war der letzte Fehler seines Lebens. Kaum hatte er den Kopf über den Grabenrand gehoben, als es am Stahlhelm des Obergefreiten Rose einen Schlag gab, und er sodann mit einem Kopfschuß in den Armen des Kompaniechefs lag. Dieser, und auch ich, hatten unmittelbar hinter ihm gestanden. Heinz Rose wußte schon, daß sich ein Scharfschütze auf unseren Graben eingeschossen hatte, aber er wollte dem Oberleutnant genau erklären, wo er in Stellung lag. Es war wieder eine Warnung für alle anderen Kameraden.

Von jetzt an durften wir das Niemandsland nur noch mit einem Grabenspiegel beobachten. Außerdem lag etwa 80 bis 100 m vor unserem Graben ein abgeschossener T-34, in dem wir den Scharfschützen vermuteten, der uns das Leben so sauer machte.

Am Tage war es der Scharfschütze, und bei Nacht ein russisches MG. Ich bekam den Auftrag, mit drei Mann und drei Tellerminen in der Dämmerung den T-34 anzugehen und zu sprengen. Es gelang mir unter dem Feuerschutz meiner Kameraden den Panzer zu erreichen und ihn mit den Tellerminen restlos zu vernichten. Dieses Unternehmen war für uns wieder einmal ein Erfolg ohne eigene Verluste.

Das gesamte Unternehmen bei Miljawoje hatte die Kompanie vom 28. September bis zum 10. Oktober 1942 jedoch mindestens sieben Tote und ebenso viele Verwundete gekostet. Davon waren mindestens drei Mann, die im Grabenkampf auf Minen getreten waren oder Handgranaten vor die Füße bekommen hatten, beinamputiert.

Von diesem Zeitpunkt an, und für vorhergehende Scharmützel, war ich als Gefreiter und Gruppenführer verdächtig für das Eiserne Kreuz I. Klasse.

... "

 

 

Franz Schmid wurde am 18. Oktober 1920 geboren. Der gelernte Maurer wurde Anfang Oktober 1940 in die Wehrmacht eingezogen. Schmid durchlief seine Grundausbildung und eine Ausbildung zum Pionier, danach wurde er dem Panzerpionierbataillon 27 zugeteilt, welches zur 17. Panzerdivision gehörte. Mit dieser Einheit nahm er ab dem 22. Juni 1941 als MG-Schütze am Feldzug gegen die Sowjetunion teil. In den Vormarschkämpfen auf Moskau wurde Schmid am 30. September 1941 das erste Mal verwundet und ein Lazarettaufenthalt wurde erforderlich. Nach Ausheilung seiner Wunden kehrte Schmid Mitte Februar 1942 an die Front zurück. Seine 17. PD stand inzwischen im Stellungskrieg in dem nach den Winterkämpfen wieder gefestigten Mittelabschnitt der Ostfront. Am 1. März 1942 erhielt Schmid seine Beförderung zum Gefreiten und am 9. März 1942 wurde er für erstmalig bewiesene persönliche Tapferkeit mit dem EK II ausgezeichnet. Es folgten monatelange wechselvolle Kämpfe, in denen Schmid ab Ende Oktober 1942 als Gruppenführer eingesetzt wurde. Am 30. Oktober 1942 wurde ihm das EK I verliehen.

Nachdem im Südabschnitt die 6. Armee im Raum Stalingrad eingeschlossen worden war, wurde die 17. PD in diesen Bereich der Ostfront verlegt, um am Entsatzangriff auf den Kessel teilzunehmen. Schmid, der mit Wirkung zum 1. Dezember 1942 zum Unteroffizier befördert wurde, führte ab Ende Dezember 1942 einen Zug in seinem Panzerpionierbataillon 27. Nach Abbruch des Entsatzangriffes auf Stalingrad führte Schmid seinen Zug in den folgenden Monaten durch schwere Abwehr- und Rückzugskämpfe. An der Spitze seiner Pioniere mußte und konnte er sich immer wieder bewähren. Nachdem er mit Wirkung zum 1. August 1943 zum Feldwebel befördert worden war, stieg die Zahl seiner bestätigten Nahkampftage immer weiter an. Bereits zu Beginn des Jahres 1944 hatte er die Zahl von 50 anerkannten Nahkampftagen erreicht und ihm wurde dafür am 7. Februar 1944 die Nahkampfspange in Gold verliehen. Zu diesem Zeitpunkt war die Bedeutung dieser höchsten infanteristischen Auszeichnung noch nicht klar erkannt worden. Erst als man in den obersten Führungsebenen merkte, daß diese Auszeichnung weitaus seltener verliehen werden konnte, als man anfangs gedacht hatte, änderte sich dies. Hitler behielt es sich nun vor, die Nahkampfspange in Gold persönlich auszuhändigen. Am 27. August 1944 wurden im Führerhauptquartier "Wolfsschanze" erstmals 14 Soldaten des Heeres und der Waffen-SS zu einer solchen Zeremonie versammelt. Zu dieser Gruppe gehörte auch Franz Schmid, der zu diesem Zeitpunkt in seinem Soldbuch inzwischen 74 Nahkampftage verzeichnet hatte.

Nach einem dreiwöchigen Sonderurlaub kehrte Schmid noch einmal kurz an die Front zu seiner Einheit zurück, ehe er auf Grund der Verleihung mit der Nahkampfspange in Gold für einen Dienst in einer Ausbildungseinheit in die Heimat versetzt wurde. Am 14. November 1944 wurde ihm auch das Deutsche Kreuz in Gold verliehen und am 4. Dezember 1944 erfolgte die Beförderung zum Oberfeldwebel. Schmid, der auch Träger des Verwundetenabzeichens in Gold war, erlebte das Kriegsende in der Heimat, so daß er einer Gefangenschaft entging.

Ins Zivilleben zurückgekehrt, baute er sich eine berufliche Existenz auf und gründete eine Familie. Mit seinen alten Kameraden hielt er stets Kontakt und er war für Jung und Alt ein gesuchter Gesprächspartner. Als Franz Schmid am 17. Oktober 2016 verstarb, war er einer der letzten noch lebenden Träger der Nahkampfspange in Gold.

 

Bestellung

 

Zurück zur Hauptseite